Der große Euro-Schwindel (ARD)

Der große Euro-Schwindel – Wenn jeder jeden täuscht – Die Story im Ersten

Verona, im Frühjahr 1996. Theo Waigel, damals deutscher Finanzminister schaut seinen griechischen Amtskollegen, Yannos Papantoniou, erstaunt an: „Ihr seid nicht dabei und werdet nicht dabei sein.“ Auf dem EU-Finanzministertreffen hatte Papantoniou plötzlich gefordert, dass auch griechische Buchstaben auf die Banknoten gedruckt werden. „Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass Griechenland mit seinen Zahlen in absehbarer Zeit Mitglied werden würde“, erzählt Waigel. Doch Papantoniou bleibt bei seiner Forderung und schlägt Waigel eine Wette vor: Griechenland werde den Euro bekommen.

Heute – nach nur zehn Jahren ist Europas historisches Gemeinschaftsprojekt in Gefahr. Wie konnte das passieren? Trägt nur Griechenland die Schuld?

Erstmalig werden die folgenschweren Fehlentscheidungen in der Frühphase des Euro in einer umfassenden Dokumentation aus der sehr persönlichen Sicht der Handelnden erzählt. Der Film ist mehr als eine spannende Chronik weltgeschichtlicher Ereignisse. Mit großem Rechercheaufwand rekonstruiert Michael Wech in der Dokumentation, wie sich Europas Politiker gegenseitig täuschten. Nahezu alle verantwortlichen Finanzpolitiker in Deutschland, Griechenland und Brüssel sprechen offen über die wilden Anfänge der Währung, darunter u. a. die beiden ehemaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel und Hans Eichel, der aktuelle Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der langjährige Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker, der frühere Bundesbankchef Hans Tietmeyer, sowie der damalige Finanzminister Griechenlands, Yannos Papantoniou.

Die Dokumentation blickt hinter die Kulissen und stellt ernüchternd fest: Die Krise des Euro ist eine Geschichte von Betrug und Selbstbetrug – aller Mitglieder, auch der Deutschen.

Als Griechenland nur zwei Jahre nach Waigels Wette plötzlich die Stabilitäts-Kriterien erfüllt, ist auch Otmar Issing, Chef-Ökonom der Europäischen Zentralbank, fassungslos: „Sie sitzen vor den Zahlen und denken sich ‚Mein Gott, wie haben die das geschafft?'“ Hinter den verschlossenen Türen der Bundesbank sind sich die Experten damals jedoch einig: Ein Beitritt Griechenlands in den Euro-Club ist riskant. Der Bundesbanker Hans Reckers wagt sich damit an die Öffentlichkeit. Doch Deutschlands neuer Finanzminister Hans Eichel reagiert sofort: Er pfeift den Kritiker zurück. Den Risiken zum Trotz hoffen alle auf den großen Euro-Boom – und werben bei ihren Bürgern für Vertrauen in die neue Währung.

Ein gefährliches Wunschdenken. Denn fast alle Länder haben große Mühe, die Stabilitätskriterien einzuhalten und entwickeln erstaunlichen Erfindungsreichtum – auch die Deutschen: Finanzminister Theo Waigel will die Bundesbank dazu bewegen, die Goldreserven aufzuwerten. Sein Nachfolger Eichel lässt Milliarden-Forderungen an Russland am Kapitalmarkt verkaufen, um den Bundeshaushalt zu sanieren. In Athen geht man einen Schritt weiter: Die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs hilft den Griechen, einen Teil der Staatsschulden zu verstecken. Andere Ausgaben werden in den Bilanzen verschwiegen. Als die Augenwischerei in der Euro-Grau-Zone auffliegt, ist es zu spät. In vielen Staaten ist die Staatsverschuldung längst außer Kontrolle geraten.

Ein Film von Michael Wech.

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